ME/CFS vs. Depressionen

Oft wird ME/CFS als Depression oder andere psychische Erkrankungen falsch diagnostiziert. Viele Betroffene erhalten eine F-Diagnose statt der richtigen G93.3 Diagnose. Das hatte (und hat nach wie vor) Fehlbehandlungen und damit Zustandsverschlechterungen zur Folge.

Dies führt wiederum dazu, dass (berechtigterweise) viele Betroffene und Angehörige die Öffentlichkeit aufmerksam machen, dass ME/CFS eine funktionelle neuroimmunologische Multisystemerkrankung ist und eben keine Psychische.

Soweit so gut.

Jetzt kommt das Dilemma. Eine an ME/CFS erkrankte Person kann TROTZDEM ZUSÄTZLICH psychisch erkrankt sein oder erkranken. Doch dies trauen sich oft die Betroffenen nicht mehr anzusprechen, weil ja seit Jahren darum gekämpft wird es als das anzuerkennen, was es ist.

Aber Depressionen, z.B. als Folge der schwer auszuhalten und schwer zu akzeptierenden Erkrankung der ME/CFS, aber auch Ängste aus der Vergangenheit, Magersucht, Trauma oder jede andere seelische Erkrankung kann IMMER als Komorbidität auftreten. Eben ZUSÄTZLICH.

Achtung Triggerwarnung (Trauma, Missbrauch)

Bei mir ist es eine PTBS – und die entstand so:

Ich litt nach der Geburt meiner großen Tochter in 2007 unter Wochenbettdepressionen, woraufhin ich mir zwei Jahre therapeutisch helfen lies. Dadurch wusste ich, wie schlimm Depressionen sein konnten. Als ich in 2017 innerhalb von einem Jahr 5 nahestehende Verwandte – darunter meine Mutter und beide Omas – verlor, ging ich prophylaktisch zur Trauerbewältigung in psychotherapeutische Behandlung. Denn ich war ja schon mal depressiv und hatte Angst, ich könne es durch ungesunde Trauer wieder werden. Doch es kam ganz anders:

Der psychologische Psychotherapeut nutze durch hochgradiges und manipulatives Verhalten meinen Zustand aus und missbrauchte mich sexuell.
Das Schlimme daran: Ich war so schwer manipuliert, dass ich es zur Tatzeit selbst gar nicht als das wahr nehmen konnte, was es war: schwerer Missbrauch.

Mein Körper und mein Unterbewusstsein haben diese schweren Zeiten jedoch sehr intensiv wahrgenommen und nicht vergessen. Daran werde ich bis heute zweimal im Jahr stark dran erinnert.

So auch Gestern:

Ohne, dass es mir bewusst war, dass das gestrige Datum für mich irgendeine Bedeutung hätte, fühlte ich mich gegen Morgens bis Vormittags immer erdrückter. Ich hatte Angst, fühlte mich verloren und schutzlos ausgeliefert. Gefühle, die so abrupt auftraten und (wieder) neu für mich waren.

Das Problem dabei war, ich befand mich mitten in einer PEM bzw. einem Crash durch das ME/CFS. Doch diese erdrückende Gefühl konnt ich nicht richtig der PEM zuordnen.

Also spürte ich in mich hinein. Ich fragte mich:
Warum so plötzlich?
Warum schutzlos?
Mein soziales Umfeld ist genauso toll wie gestern und die Tage davor.
Warum fühlt sich mein Brustkorb so schwer an?
Warum trauere ich um mich?
Warum habe ich das Gefühl, heute zu sterben?
Sterbe ich wirklich heute?

Manche Menschen sollen das ja kurz vor ihrem Tod spüren.
Panikattacke?
Es fühlt sich etwas an wie der Zustand nach einer Panikattacke. Aber ich
hatte vier Jahre lang keine.
Was war vor vier Jahren?
Der Missbrauch, der mit einer sehr langanhaltenden Panikattacke verbunden war.
Wann war das?
Im September 2020.
Könnte das der Grund sein?

Ich befand mich gerade auf dem Weg zur 3. H.E.L.P. Apherese nach Bayreuth. Mein Papa fuhr mich, wie jedes Mal, in seinem Auto dort hin. Ich bin ihm sehr dankbar dafür.

Es war noch früh am Morgen. Lisa, die fürsorgliche und liebevolle Krankenschwester sah mir sofort an, heute gehts mir schlechter als sonst. Ich erzähle ihr von der PEM und von dem Geburtstagsessen meiner Schwiegermutter am Sonntag, durch den meine Zustandsverschlechterung ausgelöst wurde.

Ich sage ihr auch, dass sich diese PEM heute etwas anders anfühlt als noch gestern oder die letzten drei Male davor. Wir sprechen über das allgemeine Missverständnis von ME/CFS als körperliche Erkrankung.

Ich erzähle ihr von dem Missbrauch des Psychotherapeuten. Schwester Lisa ist geschockt. Noch während ich kurz das Geschehen schildere, kribbeln meine Beine, als würden tausend kleine Spinnen drüber laufen. Innerlich ist es, als klopfen Eisberge gegen meine dünnen Hautschichten. Ich halte inne und verstehe, dieser andere Zustand – dieses erdrückende Gefühl – kommt von einer traumatischen Erinnerung.

Ist heute der Tag der schweren Panikattacke aus 2020?

Ohne Tagebuch oder ohne meine detaillierten Aufzeichnungen für den Strafprozess, zu denen mir mein damaliger Anwalt, Hr. Prof. Dr. Laue mit Nachdruck geraten hat (Danke dafür) kann ich es nicht genau sagen.

Ich gehe in mich, rede mir gut zu. „Ich bin in Sicherheit.“ „Meine Familie ist da.“

Mein Mann und meine Perle (kleine Tochter) haben mir heute Morgen um 6 Uhr von der Haustür aus durchs dunkle Morgengrau in den Wagen hinein gewunken. Ich erinnere mich an dieses Bild, an dieses Glücksgefühl der Liebe. Ich manifestiere ihr liebevolles Lächeln und ihr fröhliches Winken, ihre aufrichtige Zuversicht, ihre sehnsüchtigen Wünsche nach Verbesserung meines Zustandes durch diese Therapie. Ich manifestiere ihre Liebe zu mir. Das beruhigt mich und lässt mich zugleich innerlich beben.

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